21. September 2016 · Kommentare deaktiviert für Die Geschichte von der Elfe mit nur einem Ohr – Chronik Con 131 · Kategorien: Chronik · Tags: ,

 17ter, des 9ten Monats 1300 von Kaer

Autor: Tavaril Tirina

Titel: Die Geschichte von der Elfe mit nur einem Ohr

 

Es war im Spätsommer genauer gesagt im 9ten Monat des nach menschlicher Rechnung Jahres 1300 von Kaer als es geschah:

Es war schon gegen Nachmittag und die Elfe Tavaril auf dem Rückweg. Leider war ihr Tagewerk heute wieder nicht erfolgreich. Ärgerlich schüttelte sie Ihren Kopf, als sie sich von der Spur wieder aufrichtete und strich die Haare, welche sich an ihren spitzen Ohren verfangen hatten, aus dem Gesicht. Sie hatte ihre ganze Aufmerksamkeit auf diese alte Spur gerichtet, so dass sie ihre Umgebung nicht so genau wahrnahm wie sonst. Aber der Morgenwald war ja sicheres Elfengebiet. Doch leider hatten sich unbemerkt Jäger hineingeschlichen. Diese Jäger jagten aber kein normales Wild, sondern sie suchten nach Elfen und endlich hatten sie eine entdeckt und diese lief auch noch geradewegs auf sie zu. Tavaril wehrte sich tapfer, aber gegen die Übermacht der Jäger hatte sie keine Chance. Schmerzhaft zerrte der Strick an ihren Händen, mit dem ihre Häscher sie fort brachten. Mehrere Tage bewachten die Jäger sie sehr aufmerksam, aber an einem Abend feierten sie ihren Erfolg mit mehr Bier und Met als sonst, denn morgen würden sie die Belohnung bekommen. Unbemerkt gelang es ihr die Fesseln zu lösen. So war sie gerade dabei sich fortzuschleichen, als einer der Jäger sich erleichtern musste und entdeckte, dass sie nicht mehr an ihrem Baum saß. So wurde aus dem Schleichen ein Fortrennen. Leider kannte sie sich in diesem Teil des Waldes nicht aus, aber ihre Peiniger schon. Sie jagten sie wie ein hungriges Rudel Wölfe ein Reh und fassten sie nach einer längeren Hatz auch wieder. Den Ärger über die Flucht ließen sie an Tavaril aus. Sie wurde durch Brombeeren zurückgezogen, so dass ihr Rock zerfetze und ihre Beine zerkratzen. Auch viele Schläge musste sie einstecken. Als sie wieder im Lager waren wurde sie vor den Anführer geworfen. Er zog sie an ihrem linken Ohr hoch und mit einem lauten Schmerzensschrei fiel sie wieder zu Boden, als er es unter der festgehaltenen Stelle abgeschnitten hatte. Strafe muss sein, sagte er. Man verband ihr die Augen und legte ihr schwere Ketten an. Es war eine sehr schmerzhafte und kurze Nacht für sie. Am nächsten Tag nahm auch keiner Rücksicht darauf, dass sie nichts sehen konnte. Erbarmungslos wurde sie mitgeschleift. Es musste nach ihrem Gefühl nach Mittag sein, als man ihr die Binde abnahm und sie in einen Metallkäfig drängte. Ihre Häscher verabschiedeten sich und lauter neugierige Blicke lagen auf ihr…

 

Trotzig starrte ich zurück. Diese schrecklichen Menschen, ich wusste schon warum ich mich sonst von ihnen fern hielt. Sie steckten ihre Finger durch das Gitter und versuchten mich zu pieken, erst als ich drauf schlug hörten sie damit auf. Dann bedrängten sie mich mit Fragen. Gar nichts würde ich ihnen antworten. Nach einige Zeit antwortete ich auf elfisch, dass ich sie nicht verstehe. Es schien sie zu verwirren. Gut, dass würde sie mir noch vom Leib halten. Aber dann kam ein Mann in ganz schwarzer Kleidung. Er betrachtete mich mit seltsamen Blick und sagte, er würde das schon klären. Dann zerrte ein Jüngling mich in Ketten aus dem Käfig und brachte mich in einen abseits liegendes Haus mit einem kleinen Raum. Dort waren an einer Wand und an einem Stuhl lauter Ketten angebracht. Ein Klumpen bildete sich in meinem Magen und mir schwante nichts Gutes. Sie ketteten mich auf den Stuhl und der Jüngling ging. Der Mann drehte seinen Stuhl um, setzte sich mir gegenüber, lehnte seinen Kopf auf die Lehne und starrte mich an. Ich schaute zurück und verzog keine Miene. Schnell wurde er ungeduldig und seine Hand klatschte in mein Gesicht. Er sagte, ich könnte ihm jetzt noch im Guten in seiner Sprache antworten, danach hätte ich keine Wahl mehr. Er zerrte meine Hand in eine Vorrichtung und klemmte sie dort ein. Sprichst Du unsere Sprache fragte er noch einmal. Dann fing er an zu drehen und es quetsche sie immer mehr ein. Als ich es nicht mehr aushalten konnte, schrie ich laut ja und dann schwanden mir die Sinne. Als ich wieder zu mir kam, war ein junger Heiler dabei seine Arbeit zu tun. Die Schmerzen am Ohr und in der Hand ließen nach bis sie schließlich verschwanden. Sie brachten mich wieder zurück in den Käfig. Adan Bardog, dachte ich mir. Ich starrte ihn an, wie er sich fröhlich unter die anderen mischte. Wenn meine Blicke töten könnten, dann wäre er jetzt schon tot und wüsste es bloß noch nicht.

So langsam fing ich an ihr System zu verstehen. Sie spielten darum wer als nächstes mit mir spielen durfte. Aha, spielen nannten sie es, für mich würden es keine schönen Spiele werden. So ging es mehrere Male. Ich versuchte es auszuhalten und nichts zu verraten, aber ich konnte dagegen nicht bestehen. Bis schließlich einer von ihnen mich mit einem mir fremden Namen anredete und sagte, er würde mir helfen und Hilfe holen. Verzweifelt wollte ich seinen Worten glauben und verriet ihm etwas als Gegenleistung dafür, dass er Hilfe holen würde. Er schlug nur gegen die Wand, so dass der Schein seinen Kameraden gegenüber gewahrt bliebe. Der Heiler aber nutzte seine Magie zum Fragen, so dass ich ihm wahr antworten musste. Wahrscheinlich reichte es ihm schon, wenn er mich nach den anderen Befragungen wiederherzustellen durfte. Bei den Antworten versuchte ich hierbei die Wahrheit so zu dehnen, dass ich trotzdem nicht zu viel verraten würde. Mein Gefängnis grenzte an ihre Taverne und ich sah ihnen beim Essen und Trinken zu, aber im Käfig bekam ich nichts. Nein, dafür schickten sie ihre jüngsten Mitglieder vor, welche mir nur etwas gegen mein Wissen gaben. Was für Eltern mussten das sein, die Ihre Kinder an solche Männer verkauft hatten?

Ich hockte wieder im Käfig als neue Mitglieder ankamen. Als wildes Tier was beißen und spucken würde wurde ich Ihnen vorgestellt. Also wenn hier wer Tiere sind, ja dann wohl sie. Aber nein, damit würde ich den Tieren unrecht tun, denn diese hatten kein grausames Wesen. Der Frau, welche einen Fellumhang trug ging es schlecht. Die andere Frau mit dem Mantel versuchte sich sogleich in den Spielen. Der ältere Mann reparierte unter Gemurre seine Rüstung. Völlig fertig saß ein Kender neben ihm. Wie kam so ein Wesen dazu, bei diesen Schurken mitzumachen? Da brachte der Alchimist aus seiner Hütte einen Trank für ihn, welcher ihn heilen sollte. Eine seltsame neue Gruppe war da gekommen.

Ich hörte wie derjenige, der versprochen hatte mich zu befreien, sein bekommenes Wissen mit den anderen austauschte. Also war ich wohl doch einem Betrüger auf dem Leim gegangen. Die neue Frau verlor, so dass zwei bekannte Gesichter den Vorzug bekamen. Diesmal waren der Kerkermeister, der Heiler und der sogenannte Befreier bei mir. Ich schleuderte ihm ins Gesicht, dass ich ihm seine Lügen nicht glauben würde. Aber er redete geschickt, und dass ich doch jetzt den letzten Grashalm, welchen ich hätte nicht auch noch fortwerfen könne. Ich hasste es, aber ich hatte keine Wahl. Als ich nach dieser Runde wieder im Käfig landete war ich völlig verzweifelt. Was könnte ich nur tun um nicht noch alles zu verraten? Ich überlegte wer Waffen trug und ob ich diese schnell genug an mich bringen konnte um alles zu beenden.

Die Frau mit dem Fellumhang stand wie zufällig neben dem Käfig und steckte mir einen Zettel zu. Es war mein unterwegs fallen gelassener Hilferuf. Auf ihm stand: Die Hilfe wäre da, ich sollte mich ruhig verhalten und den Zettel essen, damit nichts verraten wird. Ich schluckte ihn trocken und nickte ihr zu, dass ich verstanden hätte. Sie fragte noch nach meinem Namen, aber da wurde sie auch schon von den anderen weggedrängt. Der Mann in Schwarz und die Frau mit dem Mantel kämpften um die letzte Frage heute. Ich hoffte, die Götter würden ihre Hände richtig lenken und es gelang. Sie gewann und meine Hoffnung stieg. Beide Frauen kamen mit rein und schickten den Kerkermeister raus. Sie hätten die Hilferufe von mir gefunden und wären ihnen gefolgt. Ihre Gefährten waren auch schon im Dorf im Morgenwald gewesen und sie würden mich hier raus holen. Sie bräuchten nur noch einen Plan. Dann simulierten auch sie mit Klatschen und meinem gequälten Schreien das Verhör. So wurde ich wieder zurück gebracht. Wieder schlief ich sehr schlecht. Dunkle Albträume beschlichen mich und der enge Käfig ließ mir kaum genug Luft zum Atmen.

Früh am Morgen, als die Sonne gerade über den Horizont kroch erwachte ich frierend. Der Mann in Schwarz rief, er wäre jetzt dran und suchte nach dem Kerkermeister. Wut und Angst krochen in mir hoch. Er traktierte mich schon auf den Weg mit einem langen Spieß und schien seine Freude daran zu haben. Ich hing an der Wand, als er mit einem langen spitzen Messer näher kam. Ich konnte seinen stinkenden Atem riechen, als er es mir mit einem Grinsen in die Schulter rammte. Ob das Hochschnellen meines Knies automatisch passierte oder eine Trotzreaktion meinerseits war kann ich nicht mehr sagen, aber er sackte daraufhin in sich zusammen und hielt sich sein Gemächt. Unter Tränen versuchte ich das Messer herauszubekommen und auf ihn zu werfen, aber ich schaffte es nicht. Das erledigte dann er und warf es achtlos zur Seite. Es hagelte heftige Schläge und Tritte bis mich gnädiger weise die Ohnmacht umfing.

Ich kam zu mir und konnte zuerst nicht klar sehen, aber den Käfig erkannte ich auch so. Nach mehrmaligem Zwinkern wurde es besser. Aber das war auch das Einzige was besser wurde. Es gab keine Stelle von mir die nicht schmerzte. Es war als wäre eine Herde wilder Tiere über mich getrampelt. Mühsam richtete ich mich auf und hielt den Kopf zwischen den Händen. Das nächste Mal würde er mich umbringen, da war ich mir sicher. Da meldete sich auch schon der Alchimist, dass er jetzt an der Reihe wäre und ich rüber geführt werden sollte. Aber dazu sollte es nicht mehr kommen, denn während ich noch so grübelte und versuchte eine Stellung zu finden die nicht so sehr schmerzte kamen die Neuen von gestern Abend wieder. Ohne großes Federlesen stachen sie alle nieder und ließen den Kerkermeister aufsperren und holten mich heraus. Ich streckte mich vorsichtig und genoss die wärmende Sonne auf meiner Haut. Anschließend sperrten sie den Kerkermeister, den Heiler und den Alchimisten hinein. Ein Anblick der mir bestens gefiel, denn jetzt saß ich ja auf der richtigen Seite. Alle fragten unabhängig voneinander ob ich Hilfe brauchte. Das konnte ich verneinen, denn bei diesem perfiden Spiel gehörte es dazu mich danach wieder zu heilen. Trotzdem spürte ich noch sehr genau alle Schläge und Tritte die ich bekommen hatte. Besorgt fragte ich nach dem Mann in Schwarz, aber diesen hätten sie schon weiter vorne erwischt. Nachdem sie sichergestellt hatten, dass sie niemanden übersehen hatten ging der Kender zusammen mit dem Mann los und schleiften auch diesen letzten hierher.

Anschließend wollten die beiden die Umgebung untersuchen und fragten wohin ich immer gebracht worden war. Ich zeigte es ihnen, brachte es aber nicht über mich noch mal einen Schritt in dieses Haus zu setzen. Dort fanden sie nichts und machten sich weiter auf in den nahe gelegenen Wald um sich dort umzusehen. Ich kehrte zurück. Dort durchsuchten die beiden Frauen alles. Als alle wieder beisammen waren versuchten sie dann aus dem Mann in Schwarz Informationen heraus zu bekommen. Ich kann nicht sagen, dass sie dabei zimperlicher waren als dieser zuvor bei mir. Sollte ich vom Regen in die Traufe gekommen sein oder waren etwa alle Menschen so? Der Kender Ben hielt sich ein wenig abseits von dem blutigen Geschäft. Aber es stahl sich mir ein schadenfrohes Lächeln in mein Gesicht, als ich den Mann in Schwarz so im Dreck am Boden liegen sah. Ich glaube, das nennt sich ausgleichende Gerechtigkeit. Rolf fragte ob ich noch einen Wunsch für meinen Peiniger hätte. Nur einen, antwortete ich, wenn ihr ihn tötet, tötet ihn langsam und schmerzhaft. Seine Antwortet lautete, dass wäre kein Problem.

Da kam ein Rabe geflogen und landete bei der Tür des Alchimisten. Die Nachricht wurde von seinem Bein genommen und die Frauen versuchten ihn zu fangen, aber erst Rolf holte ihn mit seinem Schwert aus der Luft. Dies brachte ihm einen scharfen Anranzer von Ailin, der Frau im Mantel ein. Wir versorgten und kümmerten uns um den Vogel. Ailin verband ihm auch seinen verletzten Flügel. Als er etwas Vertrauen gefasst hatte, sprach ich in seiner Sprache mit ihm. Durch ihn erfuhren wir in welcher Richtung der Auftraggeber, genannt der Apotheker lebte. Auch ließ sich durch genaueres Fragen ein möglicher Ort herausfinden. Es war ein sehr schlaues Tier, es konnte uns sogar seinen Auftraggeber beschreiben. Vorsichtig setzten wir es mit einer Leine auf den Käfig. Resa und ich redeten miteinander, während die anderen den Alchimisten befragten. Sie würden auch das suchen, was die Jäger suchten, aber nicht um sie auszuschlachten, sondern um sie zu schützen. Ich fragte ob sie mich nach Hause geleiten würden, denn nach diesen Erlebnissen war mir bei der langen Reise ein wenig unwohl. Sie würde es mit ihren Gefährten besprechen.

Die letzten Fragen beantwortete der Mann in schwarz unter einem Wahrheitsserum welches sie bei dem Alchimisten gefunden hatten. Ich biss mir auf die Lippe, als mir klar wurde für wen dieses Serum eigentlich bestimmt gewesen war. Wie hatte sie noch gesagt, das Geheimnis sollte wieder ein Geheimnis werden und bleiben. Ich hoffte, dass wir diese große Aufgabe schafften. Dann starb auch der Letzte dieser erbärmlichen Bande. Als wir aufbrachen nahm ich mir den Raben auf die Schulter. Ich war mir sicher, wir würden auf der anstehenden Reise Freunde werden, denn es war ein längerer Weg bis wir zum Ziel kommen würden. Ein letztes Mal blickte ich mich um und schaute auf diesen grauenhaften Ort. Möge das was mir passiert ist Mahnung sein für alle.

 

Die Elfe

Tavaril Tirina

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